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Einleitung
Der Rücktritt vom Kfz-Kaufvertrage ist die ultima ratio, wenn alle anderen Versuche, vertragsgemäße Zustände herzustellen, gescheitert sind. Das ist sinnvoll und entspricht auch dem gesetzgeberischen Vorstellungen. Dabei wird aber häufig verkannt, dass zuvor einige Schritte zu berücksichtigen sind und dafür nur ein überschaubarer Zeitraum zur Verfügung steht. Dennoch verstreicht oft durch diverse Nachbesserungsversuche viel Zeit, wobei der Lauf der Fristen der Verjährung der Gewährleistungsansprüche nicht genügend beachtet wird.
Verjährung
Die Verjährungsfrist beträgt bei Neuwagen zwei Jahre ab Abnahme des Fahrzeuges und bei Gebrauchtwagen meist nur ein Jahr, ab Abnahme. Es ist daher bei Feststellung von Mängeln am Fahrzeug Eile geboten, auch wenn der Gesetzgeber inzwischen einige Erleichterungen für den Verbraucher regelte. Es gilt daher, die Verjährungsfrist im Blick zu haben und am besten sich im Kalender zu notieren.
Gewährleistung und Garantie
Ob man sich auf den mit der Bestellung des Fahrzeuges oftmals gleichzeitig abgeschlossenen Garantievertrag, der ggf. längere (Garantie –) Fristen vorsieht, verlassen kann, oder ob er nur eine trügerische Sicherheit bietet, sollte sorgfältig geprüft werden. Wichtig ist dabei zunächst, dass es sich um zwei unterschiedliche Haftungssysteme handelt. Während es sich bei den Gewährleistungsrechte um die gesetzlichen Rechte des Käufers handelt, eine mangelfreie Sache zu erhalten, hängen die Rechte aus einer Garantie im Wesentlichen von dem Umfang des Garantieversprechens des Garantiegebers (Das kann der Hersteller oder der Verkäufer oder eine Garantieversicherung sein) ab. Das Gesetz stellt insofern nur Rahmenbedingungen auf.
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, den umfassenderen Schutz in der gesetzlichen Gewährleistung zu sehen.
Abnahme
Bereits bei der Abnahme des Fahrzeuges ist Sorgfalt geboten, auch wenn die Kenntnis von Mängeln (§ 442 BGB) beim Verbrauchsgüterkauf zu Gunsten des Verbrauchers nach § 475 Abs. 3 Satz 2 BGB keine Anwendung findet und die Dauer der gesetzlichen Vermutung, nach Abnahme festgestellte Mängel würden bereist bei Abnahme vorhanden gewesen sein, auf ein Jahr verlängert wurde.
Exkurs vorvertragliche Erklärungen des Verkäufers
Aber bei gesonderter vorvertraglicher Aufklärung durch den Verkäufer über eine Abweichung des Autos von den objektiven Anforderungen gemäß § 476 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und ausdrücklicher Vereinbarung der Abweichung im Vertrag gemäß Nr. 2 haftet der Verkäufer dennoch nicht.
Diese Regelung dient dem Verbraucherschutz, bietet aber auch Risiken. Der Gesetzgeber beabsichtigte, dem Verbraucher dadurch Klarheit über etwaige Abweichungen des Kaufgegenstandes von den objektiven Anforderungen zu verschaffen, indem er die Möglichkeiten des Verkäufers, sich hinsichtlich etwaiger Beschaffenheitsabweichungen frei zu zeichnen auf diejenigen Abweichungen zu beschränken, über die der Verbraucher vor Abschluss des Vertrages in einem eigenen Schriftstück informiert wurde und diese sodann auch später ausdrücklich in dem Kaufvertrag vereinbart wurden.
Die Realität der Abwicklung von Kfz Kaufverträgen zeigt hingegen leider, dass der dadurch immens gestiegener Umfang der vertraglichen Unterlagen trotz aller Deutlichkeit der Hinweise kaum hinreichend gelesen wird. Erschwerend kommt hinzu, Dass oftmals die vorvertraglichen Erklärungen und der Vertragsabschluss quasi „in einem Rutsch“ erfolgen.
Trotz der Mühe sollte daher der Lektüre der vorgelegten Unterlagen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden und nicht vermutet werden, unangemessene Regelungen würden schon unwirksam sein.
Verfahren bei Mangelfeststellung
Aber wie müssen Sie verfahren, wenn Sie Mängel festgestellt? Einfach gesagt: Schnell und konsequent.
Bevor überhaupt ein Rücktritt (früher Wandlung genannt) vom Kaufvertrag infrage kommt, müssen Sie dem Verkäufer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben haben. Daher müssen Sie die Mängel beim Verkäufer rügen.
Das hört sich einfach an, aber bereits bei der Wahl des Adressaten der Mangelrüge können Fehler auftauchen. Der Mangel ist gegenüber dem Verkäufer zu rügen und grundsätzlich nicht gegenüber einem Dritten. Das kann beispielsweise bei Distanzkäufen und Kaufverträgen mit dem Hersteller Probleme bereiten. Nicht selten stelle ich fest, dass Mandanten meinen, schon diverse Male Mängel gerügt zu haben, tatsächlich rügten sie die Mangel aber gegenüber einem Vertragshändler des Herstellers, aber nicht gegenüber dem Hersteller selbst, von dem Sie das Fahrzeug erwarben, denn bei einigen Herstellern sind Niederlassungen des Herstellers selbst und Vertragshändler des Herstellers für den Laien kaum zu unterscheiden. Sie sollten daher sorgfältig prüfen, wem gegenüber sie die Mängel rügen, dabei kann der Weg zu dem nächstgelegenen Vertragshändler des Herstellers der falsche Weg sein.
Bei der Mangelrüge selbst kommen Sie, soweit Sie als Verbraucher kauften, in den Genuss der Regelung des § 475 Abs. 5 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt der Mangelrüge und der Fälligkeit des Nacherfüllungsanspruches nachzubessern. Sie müssen daher nicht mehr eine Nachbesserungsfrist setzen.
Allerdings stellt sich die Frage, welche Frist angemessen ist. Nach einer Auslegung entspricht die angemessene Frist der kürzesten Frist, in der die Nachbesserung oder Ersatzlieferung vorgenommen werden kann. Dabei ist auf den Einzelfall abzustellen, beispielsweise den Umfang der Reparaturarbeiten, die nötig sind, um den Mangel zu beheben oder darauf, ob der Verkäufer überhaupt selbst eine Werkstatt unterhält. Für den Austausch eines Motors hat beispielsweise das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Frist von zwei Wochen für angemessen gehalten (OLG Düsseldorf, 18.09.2023 – 23 U 55/23, Reinking u.a., Der Autokauf, 15. Aufl. Kapitel 29 Rdn. 104.1).
Gemäß § 440 S. 2 gilt die Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
Rücktritt
Erst dann kann die Rückabwicklung in Betracht kommen, aber nur, wenn der Mangel im Sinne des Gesetzes erheblich ist (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Lesen Sie dazu unter „Welcher Mangel ist im Sinne des Gesetzes erheblich?“ mehr. Daraus ergibt sich, dass es bereits zur Klärung dieser Frage erforderlich sein kann, ein Sachverständigengutachten einzuholen, weil oftmals nur auf diesem Wege Klarheit über die Mangelursache sowie die voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung und damit der Erheblichkeit geschafft werden kann.
Im Übrigen stellt häufig eine hohe Laufleistung eines zurückzugebenden Fahrzeuges ein Problem für den Käufer dar. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Laufleistung Maßstab für die Bemessung der so genannten Gebrauchsvorteile, die der Käufer dem Verkäufer zu ersetzen hat. Der Käufer, kann dem Verkäufer, da er gerade mit dem Fahrzeug gefahren ist, dieses also benutzt hat, nicht dasjenige Fahrzeug zurückgeben, das er erhalten hat. Dieser Wert- oder Substanzverlust muss der Käufer dem Verkäufer ersetzen. Die Gebrauchsvorteile werden berechnet, in dem tatsächliche Laufleistung und Bruttokaufpreis im Verhältnis zu der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges gesetzt werden. Als Beispiel mag die folgende Berechnung dienen:
Fallbeispiel für Neuwagenkauf:
- Bruttokaufpreis: 40.000,00 €
- Laufleistung beim Käufer: 35.000 km
- Voraussichtliche Gesamtlaufleistung: 150.000 km
- Gebrauchsvorteile = (40.000,00 € X 35.000,00 km) / 150.000 km = 9.333,33 €
- Rückgewähranspruch = Bruttokaufpreis – Gebrauchsvorteile =30.666,67 €
Fallbeispiel für Gebrauchtwagenkauf:
- Bruttokaufpreis: 25.000,00 €
- Laufleistung beim Käufer: 10.000 km
- Voraussichtliche Restlaufleistung = Gesamtlaufleistung abzüglich gefahrener Kilometer z.B.: 150.000 – 80.000) = 70.000 km
- Gebrauchsvorteile = (25.000,00 € X 10.000,00 km) / 70.000 km = 3.571,42 €
- Rückgewähranspruch = (Bruttokaufpreis – Gebrauchsvorteile) = 21.428,58 €
Ausübung des Rücktrittes
Steht nach alledem fest, dass der Rücktritt vom Kaufvertrag erfolgsversprechend ist, muss dem Verkäufer gegenüber der Rücktritt innerhalb der Verjährungsfrist wirksam erklärt werden. Mit dem Zugang der Rücktrittserklärung wandelt sich das Kaufvertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Die sich daraus ergebenden Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises und Rückgewähr des Fahrzeuges verjähren innerhalb dreier Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Rücktritt erklärt wurde.
Die Rücktrittserklärung bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form, soweit diese nicht ausdrücklich vereinbart wurde und muss auch nicht begründet werden. Es muss sich allerdings aus der Erklärung zumindest im Wege der Auslegung ergeben, dass der Käufer eine Rückabwicklung des Kaufvertrages wünscht. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Rücktritt ist hingegen nicht zwingend.
Zu beachten ist jedoch, dass der Rücktritt „bedingungsfeindlich“ ist. Der Rücktritt kann daher grundsätzlich nicht unter einer aufschiebenden Bedingung erklärt werden. Ausnahmsweise ist aber denkbar, dass der Käufer dem Verkäufer eine Nachfrist zur Nachbesserung setzt und gleichzeitig für den Fall des fruchtlosen Ablaufes der Nachfrist aufschiebend bedingt den Rücktritt erklärt (Staudinger/Kaiser/Sittmann-Haury (2022) BGB § 349, Rdn 36). Dabei ist aber Vorsicht geboten, da die Frist angemessen sein muss.
Der Zeitpunkt des Zuganges muss schließlich beweisbar sein. Dafür reicht in der Regel ein Einschreiben Rückschein nicht aus. Besser wäre schon ein Einwurfeinschreiben, wobei aber nicht belegt werden kann, welches Schreiben eingeworfen wurde. Sicherer ist demgegenüber die Zustellung durch einen Boten, der zuvor über den Inhalt des Schreibens in Kenntnis gesetzt wird und bereits unter Lage ist, über den Zeitpunkt der Zustellung dieses ihm bekannten Schreibens Zeugnis abzugeben.





